Nasenbluten: Ursachen, erste Hilfe, Behandlung

Unter Nasenbluten (Epistaxis) versteht man das Austreten von Blut aus einem Blutgefäß der Nasenhöhle durch die Störung seiner Integrität oder Permeabilität. Es ist eine der häufigsten Blutungen.

Klassifikation

Lokalisation– anteriores Nasenbluten
– posteriores Nasenbluten
Ätiologie– traumatisch
– durch lokale Prozesse bedingt
– durch Allgemeinerkrankungen bedingt
Blutverlust– spärlich
– mäßig
– stark

Ätiologie

Nasenbluten können durch Traumata, lokale und generalisierte Faktoren ausgelöst werden. Nur noch 20 % davon gehen auf Pathologien der Nasenhöhle zurück und ca. 80 % sind mit Allgemeinerkrankungen verbunden.

Traumatisches Nasenbluten ist am häufigsten, dazu zählen auch intra- und postoperative Blutungen der Nasenhöhle und des Nasopharynx (Septumplastik, Conchotomie, Adenotomie, Sinustomie).

Zu den lokalen Ursachen, die sich durch Epistaxis andeuten, zählen atrophische Prozesse in der Nasenhöhle (kommen bei älteren Leuten sowie bei trockener Raumluft vor), die bei langem Bestehen Schleimhautulzera und Nasenseptumperforation verursachen können, was Nasenblutungen weiter verschlimmert. Fremdkörper in der Nase, mechanische Manipulation (Nasebohren), Infektionsprozesse (Rinitis, Sinusitis, virale Infektionen) beschädigen die Nasenschleimhaut und die Gefäßwand und sind auch unter den Ursachen von geringem Nasenbluten. Einer Epistaxis liegen auch lokale benigne (juveniles Angiofibrom, kapilläre bzw. kavernös Hämangiome der Nasenhöhle, Papillome) oder maligne (Karzinom und Nasensarkom) Neubildungen der Nasenhöhle zugrunde. Sehr selten werden letzte Zeit auch lokale Erscheinungen spezifischer Erkrankungen wie Tuberkulom, Ozaena, unterschiedliche Syphilisstadien (Ulcus durum, sekundäre syphilitische Papeln, syphilitisches Gumma) diagnostiziert.

Allgemeinerkrankungen, die einem Nasenbluten zugrunde liegen, werden in folgende Gruppen unterteilt: Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Atherosklerose, Hypertonie, hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie – Osler-Rendu-Weber-Krankheit), Lebererkrankungen (Zirrhose, Hepatitis), Erkrankungen des blutbildenden Systems (Hämophilie, Koagulopathie, Thrombozytopenie, Leukämie, Hämoblastose), Nebenwirkungen einiger Arzneimittel (NSAR, Antikoagulanzien).

Getrennt sind Nasenbluten durch hormonelle Veränderungen (bei Schwangerschaft, Menopause) sowie im Zusammenhang mit Menstruationszyklus bei Frauen (vikarierende Blutungen – normale Blutung mit auftretenden, nicht genitalen Blutungen) zu betrachten.

Anatomie

Einer Epistaxis liegen unterschiedliche pathologische Prozesse in den Gefäßwänden der Nasenhöhle zugrunde. Anatomisch ist es wichtig, die Lokalisationen der Blutung zu unterscheiden, da davon der eventuelle Blutverlust abhängt. Die Blutversorgung der Nasenhöhle zeichnet sich durch mehrere Anastomosen zwischen den Ästen der Arteria carotis externa und interna aus. Nasenbluten im anterioren Teil des Nasenseptums ist häufig auf Locus Kiesselbachi (gefäßreiche Schleimhautstelle) im Septum des Nasenvorhofs zurückzuführen. Zu den zuleitenden Gefäßen des Locus Kiesselbachi zählen die Arteriae ethmoidalis anterior und posterior (Äste der Arteria carotis interna), Arteria sphenopalatina, Arteria palatina major und Arteria labialis superior (Äste der Arteria carotis externa).

Kiesselbach-Plexus
Kiesselbach-Plexus

Ein posteriores Nasenbluten zeugt von einer unmittelbaren Schädigung der Arteria ethmoidalis posterior bzw. anterior.

Siebbeinarterien des Nasenseptums
Siebbeinarterien des Nasenseptums

Bei Traumata, Operationen und lokalen pathologischen Prozessen kommt es zur Verletzung (Riss) der Gefäßwand in der Nasenhöhle, die mit einer Blutung einhergeht. Neubildungen der Nasenhöhle und diverse Infektionsulzera können durch ihren eigenständigen Zerfall bluten. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind durch pathologische Veränderungen der Gefäßwand gekennzeichnet. Es kommt zur Endotheldystrophie, erhöhter Thrombusbildung, die die Gefäßwandnekrose und -sklerose noch weiter beeinträchtigen, wodurch die Gefäßwand dünn wird. Diese Prozesse können sowohl ein Durchtritt von Blutkörperchen durch die Gefäßwand (Diapedese), als auch Gefäßwandriss in den am stärksten verletzten Stellen mit massiver Blutung verursachen, die bei erhöhtem Blutdruck stärker wird. Bei Leber- und Bluterkrankungen ist die Gefäß-Thrombozyten-Hämostase gestört: es kommt zum Mangel an Blutgerinnungsfaktoren, die Thrombozytenbildung und -aggregation ist gestört, was für den Bau des Gefäßwandendothels von Bedeutung ist, da die Thrombozyten u.a. anisotropische Funktion erfüllen; es kommt zum Syndrom lokaler intravasaler Gerinnung. Dies alles resultiert auch in diapedesem Durchtritt bzw. Gefäßruptur mit anschließender Hämostasestörung durch verminderte Gerinnung, wodurch es zur Verlängerung der Blutungszeit kommt.

Epistaxis durch hormonelle Veränderungen bei Schwangeren kommt wegen erhöhtem Progesteronspiegel zustande, der eine Gefäßerweiterung nicht nur in der Plazenta, sondern auch in der Nasenhöhle sowie eine höhere Gefäßpermeabilität verursacht, was die Nasenschleimhaut brüchig und leicht zu verletzen macht. Die Ursache für vikarierende Blutungen ist bisher nicht klar, es wird eine Migration der Endometriumzellen in untypische Orte (Nasenhöhle, Thoraxhöhle, Abdomen) vermutet, die sich bei der Menstruation abschuppen und bluten.

Klinische Zeichen von Nasenbluten

Nasenbluten zeichnet sich durch einen Austritt von Blut aus der Nasenhöhle durch den Nasenvorhof oder den Nasopharynx aus.

Anteriores Nasenbluten
Anteriores Nasenbluten: 3D-Modell

Abhängig vom Umfang des Blutverlustes spricht man von spärlicher (mehrere Milliliter), mäßiger (bis zu 200–250 ml) oder starker (über 250–300 ml) Blutung. Einige Patienten können vor ihrem Ausbruch Prodrome wie Tinnitus, schwarze Punkte vor den Augen, Nasenjuckreiz aufweisen.

Spärliches Nasenbluten hört meist von selbst auf, ohne die Notwendigkeit einer medizinischen Versorgung. Am häufigsten ist es im Locus Kiesselbachi lokalisiert und entsteht durch lokale pathologische, oft atrophische Prozesse in der Nasenhöhle, dauert einige Minuten, wobei der Allgemeinzustand unbeeinträchtigt bleibt. Das Blut ist intensiv rot und tritt über den Nasenvorhof in Tropfen oder einem spärlichen Faden aus.

Mäßiges und starkes Nasenbluten zeichnet sich durch eine strahlartige Blutung, meist dunkelrot, über den Nasenvorhof sowie an der Rachenhinterwand aus, wobei das Blut verschluckt wird und nachfolgend Hämatemesis (Bluterbrechen) bzw. Meläna (Teerstuhl) verursachen kann. Bei wesentlichem (über 1 Liter) Blutverlust innerhalb kurzer Zeit kommen die Allgemeinsymptome des hypovolämischen Schocks wie kalter klebriger Schweiß, Tachypnoe, arterieller Druckabfall, erhöhte Herzfrequenz, Kopfschmerzen, schwarze Punkte vor den Augen, Übelkeit und Erbrechen, Bewusstseinsverlust hinzu.

Die Epistaxis als Symptom von Allgemeinerkrankungen zeichnet sich durch spärliche bzw. mäßige rezidivierende Blutungen aus, wobei der gesamte Blutverlust nicht genau einzuschätzen ist und es zu einer chronischen Blutungsanämie kommt. Bei Nasentraumata mit Fraktur des Labyrinthus ethmoidalis erfolgt eine Verletzung der vorderen und hinteren Arteriae ethmoidalis mit anschließender starker profuser Blutung und Entwicklung eines hypovolämischen Schocks.

Wichtig ist zu wissen, dass über die Nase auch das Blut aus einer Lunge oder aus dem Magen-Darm-Trakt sowie aus der Paukenhöhle über die Tuba auditiva austreten kann, was fälschlicherweise als Nasenbluten betrachtet werden kann und die Diagnostik sowie Verordnung einer adäquaten Therapie verschieben kann.

Diagnostik

Um die Blutungsquelle zu bestimmen, erfolgt ggf. nach der Entfernung von Blutklumpen eine Rhinopharyngoskopie, in einigen Fällen auch eine Nasenhöhlenendoskopie.

Die Blutungsdauer, auslösende Faktoren, ausführliche Anamnese einschl. familiär (Erbkrankheiten) sowie Medikationsanamnese (Antikoagulanzien, NSAR) sind zu bestimmen.

Der arterielle Blutdruck sowie die Herzfrequenz sind zu messen.

Laborwerte wie

  • großes Blutbild, klinische Chemie.
  • Blutgerinnungsbild.
  • Gerinnungswerte sowie.
  • Hämostasesystem werden untersucht.

Bei bestehender rezidivierender Epistaxis, bei der die Ursache unklar bleibt, ist eine Angiographie der Arteriae carotis externa und interna angezeigt, ggf. mit anschließender Embolisation der Äste, die die Epistaxis verursachen.

Behandlung von Nasenbluten

Erste Hilfe

Als Erstes wird der Patient in die richtige Körperlage – Aufrichtung mit nach vorne unten geneigtem Kopf – gebracht. Auf die Nasenwurzel und den Nacken wird eine kalte Kompresse gelegt und der Nasenflügel an das Septum gedrückt; in die Nase kann ein in der 3 %-Wasserstoffperoxid-Lösung oder im lokalen Dekongestivum getränkter Streifen eingebracht werden. In den meisten Fällen hilft dieses Vorgehen, das Nasenbluten zu stoppen. Wenn es aber trotzdem nicht gestillt werden kann, ist medizinische Versorgung notwendig.

Ärztliche Hilfe

Es erfolgt eine Nasentamponade mit einem hämostatischen Schwamm, Blasenkatheter, Schwamm aus Ethylen-Vinylacetat mit Tuben oder mit Gazestreifen. Besonders verbreitet und am leichtesten zugänglich, aber auch am schmerzhaftesten ist die Tamponade mit Gazestreifen.

3D-Animation: vordere Nasentamponade

Dafür wird die Nasenschleimhaut mit einer Anästhetikum-Lösung betäubt, ein in bakterizide Salbe bzw. Vaseline getränkter Gazestreifen 70 bis 100 cm lang wird in den Nasenvorhof bis auf Choane eingebracht und von unten nach oben in Schichten aufgelegt, bis die gesamte Nasenhaupthöhle gefüllt ist. Zusätzlich wird die Einlage mit Aminocapronsäure oder Fibrin getränkt. Für ein besseres Ergebnis bleibt die Nasenhaupthöhle über 3 bis 5 Tage tamponiert, bis ein festes Blutgerinnsel gebildet ist; zur Prophylaxe bakterieller Komplikationen werden orale Antibiotika verordnet sowie regelmäßige Tränkung des Gazestreifens mit antiseptischen Lösungen eingesetzt, wonach die Tamponade entfernt wird.

In einigen Fällen reicht die vordere Tamponade nicht aus und es kommt die hintere Nasentamponade zum Einsatz, bei der über die Nasenhaupthöhle ein Tupfer bzw. ein Ballon in den Nasopharynx geschoben wird, wo er mit einer sterilen Lösung befüllt wird. Nach der Ballonabdichtung erfolgt stets eine vordere Tamponade. Dieses Verfahren ist äußerst schmerzhaft und erfordert Sedation. Solche Patienten werden in der Regel auf einer Intensivstation versorgt. Bleibt diese Methode erfolglos, besteht die Möglichkeit einer Gefäßligatur bzw. -embolisation im Rahmen einer Angiographie.

Außer den lokalen blutstillenden Verfahren werden den Patienten zusätzlich Hämostatika (Etamsylat, Aminocapron- oder Tranexamsäure, Blutbestandteile wie Blutplasma und Thrombozytenkonzentrat) verordnet, die zirkulierende Blutmenge wird wiederhergestellt sowie grundsätzlich alle blutungsfördernden Arzneimittel abgesetzt.

Bei rezidivierenden Nasenbluten erfolgt eine Elektrokoagulation der Nasenhöhlengefäße bzw. Schleimhautablösung, wodurch es zur Vernarbung und Sklerosierung des betroffenen Gefäßes kommt.

Wenn die Ursache von Nasenbluten in einer Nebenerkrankung besteht, werden zur Therapie Fachärzte verwandter Richtungen (Internist, Kardiologe, Hepatologe, Hämatologe, Onkopathologe u.a.) herangezogen.

FAQ

1. Woher kommt das Nasenbluten?

Am häufigsten blutet es aus dem Locus Kiesselbachi, einem Bereich an der Vorderseite der Nasenscheidewand mit einem dichten Gefäßnetz. Seltener liegt die Quelle tiefer, u.zw. in den hinteren Teilen der Nasenhöhle, wo große Arterien (Siebbeinarterien, Arteria sphenopalatina) verlaufen.

2. Wie groß ist die Gefahr von Nasenbluten?

Die Gefahr hängt vom Umfang des Blutverlustes ab. Starke Blutungen können zu einem hypovolämischen Schock führen, insbesondere bei Schädigung der hinteren Arterien. Häufige oder chronische Blutungen verursachen Anämie. Außerdem kann das Blut aspiriert werden oder bei unsachgemäßer Behandlung Komplikationen verursachen.

3. Was sollte man bei Nasenbluten NICHT tun?

Den Kopf nach hinten neigen — das Blut kann in den Magen oder die Atemwege gelangen.
Sich hinlegen — dies erhöht das Risiko einer Aspiration.
• Heiß duschen oder baden — das erhöht den Blutverlust.

4. Ursachen für häufiges Nasenbluten bei Kindern

Die häufigen Ursachen bei Kindern sind:
• Schleimhautverletzung bei Nasenbohren bzw. Krustenentfernung.
• Schleimhautatrophie durch trockene Luft.
• Rezidivierende Rhinitis und Adenoiditis.
• Fremdkörper in der Nase.
• Blutgerinnungsstörungen.
• Hormonelle Faktoren in der Pubertät.

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